Vom Import aus Bayern zur eigenen Marke

Trier-Gesellschaft rettet über 100 Denkmäler – Neues Großprojekt: die alte Friedhofskapelle
weinkeller

Restaurieren, erhalten, retten: Das historische bauliche Erbe Triers hat seit dem Frühjahr 1982 einen Fürsprecher mit vielen Ideen und langem Atem. Die Trier-Gesellschaft hat in mehr als 30 Jahren 100 Denkmäler, Gebäude, Brunnen, Wegekreuze und mehr vor dem Verfall bewahrt. Der gemeinnützige Verein hat das Thema Denkmalpflege zu Bürgersache und Bürgerpflicht erklärt. Die Anfänge der Trier-Gesellschaft gehen auf Kontakte nach Bayern zurück, die die CDU-Stadtratsfraktion 1981 bei einem Besuch in Augsburg geknüpft hatte. Dort haben Bürger bereits 1959 die Alt-Augsburg-Gesellschaft gegründet, um in erster Linie in der 270.000-Einwohner-Stadt die Zerstörungen und Wunden im Stadtbild, die durch die Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg entstanden waren, zu beseitigen. Von diesem Vorbild inspiriert und vom Europäischen Denkmalschutzjahr 1975 beflügelt fiel dieser Bayern-Import an der Mosel auf fruchtbaren Boden und schlug Wurzeln – nicht nur, weil Augsburg nach Trier als zweitälteste Stadt Deutschlands und eine der größten römischen Siedlungen nördlich der Alpen gilt. Augsburg feierte 1985, Trier bereits 1984 die 2000-Jahr-Feier.

Ein Jahr lang wurden damals Gespräche geführt, der Trierer Stadtvorstand diskutierte die Idee, einen Denkmalrettungsverein aus der Taufe zu heben, Vorstandsmitglieder der Alt-Augsburg-Gesellschaft kamen im Januar 1982 nach Trier, um zu beraten und Hilfestellung zu geben, eine Satzung wurde ausgearbeitet. Der damalige Trierer Oberbürgermeister Felix Zimmermann (1933-2014) lud schließlich zur Gründungsversammlung in den großen Rathaussaal ein: Am 14. April 1982 unterzeichneten dort 64 engagierte Trierer als erste Mitglieder die Satzung und wählten elf Vertreter in den Vorstand: als Vorsitzenden den Landesmuseums-Chef und das Stadtratsmitglied Heinz Cüppers, als Geschäftsführer und Schatzmeister Sparkassendirektor Gert Burscheid.

Es folgten zwei Jahre Mitgliederwerbung und Spendensammeln, bis im Jahr des 2000. Stadtgeburtstags das erste Projekt in prominenter Lage am Hauptmarkt umgesetzt werden konnte – die Sanierung des Portals zur Gangolfkirche.

Mehr als 1,3 Millionen Euro hat die Trier-Gesellschaft bis heute in den Erhalt von Denkmälern investiert und sich vom bloßen Mäzen, der sich im Hintergrund hält, zum aktiven Kultursponsor und Initiator von Rettungsprojekten entwickelt.

Großangelegt, mit jeder Menge begleitender Aktionen und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen über Jahre hinweg (2004 bis 2007) hat die Trier-Gesellschaft als Bauherr den mittelalterlichen Frankenturm restauriert. Er war zum 25. Vereinsgeburtstag ein Geschenk an die Stadt. Der aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsste, fast 1000 Jahre alte Wohnturm ist nun öffentlich zugänglich und kann für Veranstaltungen genutzt werden. Zur Eröffnungsfeier gab’s ein Mittelalterspektakel mit Gauklern und Kurzweil rund um den Turm und einen Festakt wie zur Vereinsgründung ein Vierteljahrhundert zuvor im großen Rathaussaal.

Ebenfalls eine Inszenierung: die Restaurierung des Balduinbrunnens. Eine aufgestellte Pappnachbildung in der Trier-Galerie in der Fußgängerzone und der Souvenirverkauf ließen Spenden sprudeln. Und der große Kurfürst hatte einen Auftritt beim Rheinland-Pfalz-Tag in Bad Neuenahr, dargestellt vom stilecht gewandeten Vorstandsmitglied Karlheinz Scheurer. Der ist seit 2011 Vorsitzender. In seiner Amtszeit hat die Trier-Gesellschaft das 100. Projekt unter Dach und Fach gebracht. Die Restaurierung des Petrusbrunnens von 1595 auf dem Hauptmarkt wurde gebührend in Szene gesetzt und die barocke Brunnenschönheit am 16. November 2013 feierlich enthüllt. Es floss Brunnenwein. Aber erst am 5. April 2014 hieß es -Wasser marsch!-, denn wie alle Brunnen ging auch der Hauptmarkt-Wasserspender erst einmal in die Winterpause.

Sich auf dem Geleisteten auszuruhen, kommt für den Verein aber nicht infrage. Das nächste Großprojekt ist da: die Sanierung der alten Kapelle auf dem Trierer Hauptfriedhof. 400 000 Euro soll sie kosten. Und da Denkmalrettung Bürgersache und Bürgerpflicht ist, sind Spender willkommen.

Die alte Kapelle wurde 1870 errichtet. In den Querhäusern waren die Einsegnungshalle sowie die Leichenhalle und ein Sezierraum – bis vor etwa 50 Jahren war hier die städtische Pathologie. Außerdem gibt es dort Halterungen. An ihnen und den Gliedmaßen der Toten wurde eine Schnur mit Glöckchen befestigt – eine Rückversicherung. Denn bewegte sich der vermeintlich Tote, klingelte das Glöckchen. So wurde verhindert, dass jemand nur scheintot war und begraben wurde. Eines der Maßwerkfenster hat der Trierer Glasmaler Jakob Schwarzkopf gestaltet.

Was sind Denkmäler? Und warum schützt man sie? Habt ihr euch das auch schon mal gefragt?

Wenn ihr durch Trier spaziert, könnt ihr ganz viele Denkmäler sehen: den Dom, die Porta Nigra, die Römerbrücke. Klar, die sind auch richtig alt, zum Teil fast 2000 Jahre. Aber auch viele Trierer Brunnen sind Denkmäler.

Und – das hättet ihr sicher nicht gedacht – auch der Bunker am Augustinerhof beim Rathaus oder die Stadtbibliothek sind welche. Das heißt, Denkmal ist nicht nur ein Bau- oder Kunstwerk, das es schon viele Jahrhunderte gibt. Denn auch Gebäude jüngeren Datums erzählen etwas davon, wie die Menschen zu einer bestimmten Zeit gelebt, was sie gedacht haben. Und sie erinnern daran, was in der Vergangenheit geschehen ist.

Deshalb sollen diese Bauwerke nicht kaputt gemacht werden, nur weil ein modernes Haus schöner oder praktischer an dieser Stelle wäre. Fachleute machen eine Liste, in die sie die Denkmäler eintragen. Diese werden besonders geschützt. cofi Die große Leistung, 100 Denkmäler gerettet zu haben, dokumentiert das im Verlag Weyand (Trier) erschienene Buch “Von null auf hundert”. Es kostet 19,95 Euro und ist im Buchhandel, im Museumsshop des Stadtmuseums Simeonstift sowie bei der Trier-Gesellschaft erhältlich. Das Spendenkonto der Trier-Gesellschaft hat die Kontonummer 468033 bei der Sparkasse Trier (BLZ 58550130). Infos im Internet: www.trier-gesellschaft.de Barocke Schönheit aufgehübscht: Der Petrusbrunnen auf dem Trierer Hauptmarkt sprudelt wieder nach der Restaurierung.Werbekampagne im Jugendstil: Noch heute geht es in der Anfang des 20. Jahrhunderts erbauten Weinkellerei in Triers Süden um Gutes aus der Traube. Ganz schön repräsentativ: Die Heimat der ersten Trierer Handelskammer in der Trierer Kaiserstraße ist heute im Besitz des Einzelhandelsverbands Region Trier.